Cassina Chaiselongue LC 4

Cassina Chaiselongue LC 4
Die Ausruh-Maschine – Entwurf Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Charlotte Perriand, 1928


Möbelgeschichten #17

Des Bettes Tagesschwester, die Liege, ist die Antwort vergangener Jahrhunderte auf das Bedürfnis, die Arbeit mit einer Siesta zu unterbrechen und dem Blutstau in den Beinen vorzubeugen. Anderswo hatte sie hübschere Namen: day-bed, Lit Duchesse , Lit de Repos oder auch Récamière. 

Im Jahre 1922 begann der Schweizer Architekt Charles-Edouard Jeanneret, besser bekannt als Le Corbusier mit seinem Cousin Pierre Jeanneret zu arbeiten, mit dem er Forschungsprojekte und Designkriterien in einer tiefen und lebenslangen beruflichen Partnerschaft teilte. Im Oktober 1927 beschlossen die beiden, eine 24 jährige Architektin, die sich in der damaligen Architekturszene bereits einen Namen gemacht hatte, ins Boot zu holen: Charlotte Perriand. Ihre Zusammenarbeit war - vor allem im Bereich Möbeldesign - äußerst fruchtbar, indem Sie dem häufig kalten Rationalismus von Le Corbusier ein wohldosiertes Maß an Menschlichkeit verlieh. 

Zusammen mit Charlotte Perriand nahmen die beiden das innovative Projekt für „L’équipement de l’habitation“ in Angriff. Fast sämtliche Möbel, die heute als moderne Klassiker produziert werden, wurden 1928 entworfen und auf dem Pariser Herbstsalon 1929 präsentiert.

Die Chaiselongue ist unter Le Corbusiers Stahlmöbeln das, mit dem er sich am längsten beschäftigt hat. Als Vorbild für die „machine a repos“ die ihm vorschwebte, diente sowohl der Morris-Chair, ein hölzerner Liegestuhl mit breiten Armlehnen und noch mehr der verstellbare Surrepos des Pariser Arztes Dr. Pascaud. Anders als bei dem über ein Handrad verstellbaren Surrepos müssen die Fans schon aufstehen um die Liegeposition der Chaiselongue basculante zu verändern. 

Einfachere Varianten einer Liege ohne Armlehnen finden sich bereits Anfang der zwanziger Jahre in seinen Skizzen. Über die körperfreundliche 2-fach geknickte Form der Liegefläche, deren Oberteil aus einem durchgehend gebogenen Stahlrohr bestehet, die auch an Thonets berühmtes Schaukelsofa erinnert, war sich Le Corbusier bald klar. In einer perspektivischen Innenansicht hat Le Corbusier 1928 eine Chaiselongue skizziert welche auf der Fußkante aufliegt und am Kopfende  durch eine Säule gestützt wird. Kopfzerbrechen bereitete ihm das Untergestell, auf dem der Schlitten „in jeder Position im Gleichgewicht ist, ohne jede mechanische Intervention“.  Erst beim zweiten Entwurf bestanden die Seitenteile aus Blechen, die durch ovoide „Flugzeugrohre“ verbunden waren, eine Lösung die auch in der Patentschrift von 1929 aufscheint.   

Der Entwurf von 1928, der „Chaise Longe à réglage Continue“ , eine „Ausruhmaschine“, wie sie Le Corbusier nannte, ist die ultimative Chaiselongue: die Form verspricht Entspannung pur. Dieser Stuhl entstand aus dem Wunsch der drei Designer, den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Entwürfe zu setzen. Die Idee dahinter war, dass sowohl Form als auch Funktion der Entspannung dienen sollten, und so schufen sie ein perfektes Gleichgewicht zwischen geometrischer Schlichtheit und ergonomischem Zweck. Die Stabilität des Rahmens bleibt – in jedem Neigungswinkel – durch die Reibung der Gummischläuche, welche die Querstreben des Sockels umhüllen, gewährleistet. Hebt man die Liege vom Untergestell ab, so dienen die Bögen des Oberteils als Kufen einer Schaukelliege. 

Die 1929 vorgestellte Möbellinie, zu der auch die Liege B306 gehörte, wurde ab 1930 von Thonet  Fréres unter der Bezeichnung „Le Corbusier, P. Jeanneret, Ch. Perriand“ vertrieben und in das im Jahre 1925 von Le Corbusier und Pierre Jeanneret definierte Konzept „Schränke, Stühle und Tische“ integriert. Die stoffbespannte Serienversion kostete 1930 noch 1650 FF, bzw. 3040 FF in der Luxusversion mit Fellauflage.  1959 lancierte die Zürcher Galeristin Heidi Weber u. a. eine Re-Edition der Chaiselongue basculante, Diese Möbel wurden bis 1964 von lokalen Handwerkern hergestellt und erhielten den Namen „le Corbusier sitzmöbel/sièges/chairs“. Der Vertrieb war sehr begrenzt, und jedes Modell wurde mit den Initialen „LC“ versehen. Seit 1965 wird die Chaiselongue von Cassina unter der Bezeichnung LC4 vertrieben.  

Gallery "Cassina Chaiselongue LC 4":

Le Corbusier
Charlotte Perriand
Cassina Chaiselongue LC 4
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Le Corbusier

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