Möbelbausystem Haller von USM

USM Möbelbausystem Haller
Harmonie als Elixier – Entwurf Fritz Haller und Paul Schärer, 1962-1964


Möbelgeschichten #14

Das USM Möbelbausystem Haller ging aus der Zusammenarbeit des Architekten Fritz Haller mit dem Unternehmen U. Schärer Söhne hervor. Haller, beschäftigte sich bereits seit 1951 mit Stauraummöbeln, wobei er an Vorbilder der 1920er- und 1930er-Jahre anknüpfte und sie als Skelettkonstruktionen aus Vierkantrohr weiterführte. Ab 1956 entwickelte er mit dem Unternehmen Stahlbausysteme für Gebäude. Angefangen hat es mit Trag- und Fassadensystemen für Gebäude, Maxi, Mini und Midi, die der Architekt Fritz Haller alle nach dem Baukastenprinzip konzipierte. Er wünschte möglichst rationell gestaltete Einzelteile, mit denen man die unterschiedlichsten Strukturen bauen kann. Dieses Prinzip übertrug Haller auch auf das Möbelsystem. 

Ein wichtiger Vorläufer seines Möbelsystems war das 1958 patentierte Abstracta System des Dänen Poul Cadovius. Es basierte auf einem Verbindungselement mit zwei bis sechs stählernen Zapfen, die in Metallrohre gesteckt werden. Da Lizenzverhandlungen zwischen USM und Cadovius gescheitert waren, entwickelte Fritz Haller in einem iterativen Designprozess gemeinsam mit dem Ingenieur Paul Schärer den genialen Kugelknoten, eine neue Verbindung in Form einer Kugel mit sechs Gewindebohrungen. Dieses Patent wurde 1965 beantragt und 1967 eingetragen. Auf jener Kugel lassen sich in sechs Richtungen Stahlrohre in verschiedenen Modullängen von 10 bis 75 cm aufschrauben. Die offenen Raumgitter der so entstehenden Tragstruktur können mit farbigen Metall-Elementen geschlossen werden. Das Möbelbausystem war dabei zunächst keineswegs als Serienprodukt gedacht, sondern wurde in der Betriebswerkstatt von USM nur für den eigenen Bedarf hergestellt. 

Die Idee, aus Kugeln, Rohren und Talaren ein Büromöbel zusammenzusetzen, musste für einen durchschnittlich seriösen Geschäftsmann der frühen 1960er-Jahre wohl mehr an den „Märklin-Metallbaukasten“ seiner Kindheit als an ein repräsentatives Mobiliar der späten Wirtschaftswunderjahre erinnern. Dennoch Interessierten sich die verantwortlichen Planer für den Hauptsitz der Banque de Rothschild in Paris für das Produkt und baten um ein schnelles Angebot. Diesen Anstoß zur Serienproduktion bracht Paul Schärer in kalkulatorische Verlegenheit, da keinerlei Erfahrung für eine industrielle Herstellung dieser Möbel vorlag. Kurzum legte er den Kilopreis des damals erfolgreichsten Industrieprodukt zugrunde, den VW Käfer. Während der Entwicklung zeigte sich, daß immer neue Abwandlungen und Zusatzteile nötig wurden, die alle vom speziellen auf einen allgemeinen Standard gebracht werden mussten um möglichst vielfältig verwendbar zu sein.

Obwohl es sich um ein Baukastensystem handelt, erscheinen die USM Möbel als reines, lichtes Spiel aus Linien und Flächen, den zwei Grundelementen jeglicher Gestaltung. Diese extreme Reduktion ist vielleicht die wichtigste Voraussetzung dafür, dass das modulare Möbelbausystem in fast allen vorgegebenen Architekturen funktioniert. So lassen sich Schränke und Regale, Kommoden, Tische und Theken bauen, für Büros und Empfangsbereiche, in Schulen, Läden, Arztpraxen und für den privaten Bereich. Spielend passt sich das Universalmöbel den individuellen Anforderungen des Benutzers an. Anders als bei anderen modularen Aufbewahrungssystemen ist hier für die Addition von Behältnissen keine Doppelung von Wand, Boden oder Decken nötig. 

Die optische Qualität entsteht durch ein wohl ausgewogenes Verhältnis der montierten Elemente, ein leicht gedrückter, optisch stabiler Quader. Alle Modullängen entsprechen Maße unseres eigenen Körpers, von der Breite der Hand bis zur Länge des ausgestreckten Armes. Das führt dazu, dass das Möbel auch bei bei noch so großer Ausdehnung niemals monumental wirkt - Harmonie als Elexier. Mart Stam schrieb bereits 1929: „So ist der Kampf der modernen Architektur ein Kampf gegen die Repräsentation, gegen das Übermaß und für das Menschenmaß.“

Und so ist die Geschichte dieses Designklassikers, der im Gegensatz zum Käfer seit über 50 Jahren fast unverändert hergestellt und seitdem mit großem Erfolg weltweit vertrieben wird, auch durchaus ungewöhnlich. Das USM Möbelbausystem Haller ist einer der bedeutendsten Designklassiker des 20. Jahrhunderts geworden. Eine bis heute andauernde internationale Erfolgsgeschichte einer modernen und zeitunbabhängigen Stilikone.  

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